Nur wenn das Konzept zur Ermittlung der Mietkosten schlüssig ist, darf das Jobcenter die Bezüge kürzen. Dazu muss auch die ganze Bandbreite des Wohnungsbestands berücksichtigt werden. So entschied das Sozialgericht Gießen.
Die betroffene Person bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV). Sie bewohnt zusammen mit ihrer 17-jährigen behinderten Tochter eine 90-Quadratmeter-Wohnung in der Stadt Gießen. Die Miete beträgt plus Nebenkosten 779 Euro im Monat. Doch das Jobcenter kürzte den Betrag auf 505,54 Euro mit der Begründung, dass die Kosten für die Unterkunft und Heizung unangebracht seien. Die Verwaltung bezog sich auf Richtlinien, die der Landkreis Gießen ermittelt hat. Laut dessen Ermittlung beträgt die Bruttokaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt in Gießen maximal 400,54 Euro.
Laut dem Bundessozialgericht muss ein solches Konzept nachvollziehbar sein, um eventuelle Kürzungen vorzunehmen. Eine externe Firma erstellte ein Konzept, welches die angemessenen Unterkunftskosten anhand der Bestandsmieten ermittelte. Unter der Berücksichtigung mehrere Aspekte, wie zum Beispiel die Bevölkerungsdichte, die Siedlungsstruktur, die Neubautätigkeit in einer Kommune, das Pro-Kopf-Einkommen, der Bodenpreis, die Zentralität sowie die jeweiligen Mietstufen wurden die Kosten ermittelt. Die zugehörigen Daten wurden von der Firma bei Groß- und Kleinvermietern erfragt. Zusätzlich verwendete die Firma die Daten des Jobcenters.
Das Sozialgericht hält das errechnete Konzept aber für fehlerhaft. Die Daten des Jobcenters bildeten nicht die gesamte Breite des Wohnungsbestands vom einfachen bis gehobenen Standard, was das Ergebnis verfälscht. Des Weiteren habe das Jobcenter der Antragstellerin innerhalb von zwei Monaten nur zwei zumutbare Wohnungen angeboten.
Das Jobcenter muss der Frau jetzt für die nächsten drei Monate die Unterkunftskosten voll bezahlen. Eine Kürzung ist nicht möglich. Eine Beschwerde des Jobcenters ist nicht zulässig, da der Beschwerdewert von mehr als 750 Euro nicht erreicht wird.
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