Kernkraftwerke: Wer haftet, wenn's strahlt? 

Das Unglück im japanischen Kernkraftwerk Fukushima hat die Diskussionen um das Atom auch in Deutschland neu entfacht. Was passiert, wenn's in deutschen Atommeilern knallt oder strahlt? Können sich die Betreiber von Kernkraftwerken versichern? Die Anlagen selbst sind dabei nicht einmal das Problem.

Kernkraftwerke gelten als industrielle Produktionsanlagen und sind auch genauso versichert. Aber auch die Schäden, die ein Pannenreaktor in der Umgebung verursachen würde, sind versichert. Seit 50 Jahren tut dies die Deutsche Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft (DKVG).

In ihr haben sich mehrere große Versicherer zusammengeschlossen. Denn alle sind sich darin einig, dass man das Undenkbare eigentlich nicht kalkulieren kann, und ein einzelner Versicherer könnte es auch nicht bezahlen. Darum haftet in der DKVG einer für den anderen - zur Not bis zum letzten Cent.

Aufnahme in den exklusiven Club finden nur Schwergewichte der Branche. Wer hier mitversichern will, muss nachweisen, dass er kurzfristig rund fünf Milliarden Euro locker machen könnte. Ob dieser Rückversicherungsverbund aktiv werden muss, steünde auch im Ernstfall keineswegs fest. Der Gesetzgeber hat eine mehrstufige Haftung vorgesehen.

  1. Stufe: Der Versicherer. Zunächst versichern die Stromkonzerne ihre Atomanlagen ganz normal bei einem Haftpflichtversicherer. bei einem Atomunfall haftet dieser Versicherer bis zu einer Höhe von 256 Millionen Euro. Wenn der Schaden diese Summe übersteigt, dann ist der Betreiber in der Pflicht.
  2. Stufe: Der Betreiber. Der Betreiber des havarierten Kernkraftwerks haftet für alle Schäden, die der Versicherer nicht mehr übernimmt. Übersteigt also der Schaden, den eine Reaktorkatastrophe anrichtet, die genannten 256 Millionen Euro, dann muss der Stromkonzern Schadenersatz zahlen. Und zwar unbegrenzt. Bis zur letzten Büroklammer auf dem Schreibtisch des Vorstandsvorsitzenden, bis zum Schreibtisch selbst und bis zum letzten Bürostuhl.
  3. Stufe: Die DKVG. Wenn der letzte Bleistift zu Geld für Regressforderungen geworden ist, dann treten die Partner in der DKVG in Aktion. Auch hier gibt es eine Obergrenze. Die Gemeinschaft muss nur für Schäden bis zu 2,5 Milliarden Euro einstehen. Und auch nur dann, wenn der Betreiber diese 2,5 Milliarden Euro nicht mehr bezahlen kann.

Kein deutscher Kernkraftwerksbetreiber stünde durch 2,5 Milliarden Euro schon vor dem Bankrott. Erst wenn mehrere Kernkraftwerke gleichzeitig verunglücken, würde es für die Betreiber eng. Denn die Haftungsobergrenzen zählen für jeden Meiler einzeln.

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