Ausgaben für Familie und Bildung dürfen bei Einsparungen im Bundeshaushalt nicht tabu sein. Das rät Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin in einem Interview mit dem Magazin "Stern".
Sarrazin: Mehr Wirtschaftlichkeit in der Bildung
Sarrazin: "Die Länder Hamburg und Berlin geben pro Kopf am meisten für Bildung aus, haben aber die schlechtesten Pisa-Ergebnisse. In Bayern und Baden-Württemberg unterrichten weniger Lehrer die Schüler, und dennoch schließen die Schüler bei den Tests besser ab. Diese Unwirtschaftlichkeit muss sich ändern." Sarrazin empfiehlt der Bundesregierung, langfristig zu denken.
Einbußen für Kranke und Rentner möglich
Bei der Sanierung der Finanzen nur aufs kommende Jahr zu schauen wäre "völliger Quatsch" sagte er dem "Stern". Nötig seien grundlegende Änderungen bei Kranken- und Rentenversicherung. "Ohne solche Reformen ist der Bundeshaushalt langfristig nicht sanierungsfähig", sagte Sarrazin. Das würde "möglicherweise auch Einbußen für Kranke und Rentner bedeuten".
Die Deutschen wollten so viele Staatsausgaben wie in Schweden und nur so wenig Steuern wie in der Schweiz, sagte Sarrazin. Das funktioniere aber nicht. Hessens kürzlich zurückgetretener Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte eine bundesweite Diskussion ausgelöst als er gefordert hatte, bei Einsparungen keinen Bereich für tabu zu erklären. Auch nicht Familie und Bildung.
DGB-Chef fordert Vermögenssteuer
Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, warnt vor drastischen Einschnitten. Kürzungen um 60 Milliarden Euro, wie sie die Schuldenbremse erzwinge, seien nur mit "sozialem Raubbau" zu erreichen. Um nicht die Zukunft ganzer Generationern aufs Spiel zu setzen, sollte die Bundesregierung lieber "auf die Einnahmeseite gucken".
Der Gewerkschaftsvorsitzende sprach sich in diesem Zusammenhang unter anderem für eine Finanztransaktionssteuer, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine gerechtere Erbschaftssteuer und den Ausbau der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer aus. Zudem plädierte Sommer dafür, die Abgeltungssteuer wieder abzuschaffen und durch eine progressive Besteuerung der Kapitalerträge zu ersetzen.
Der "Stern" hatte mehrere Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur dazu aufgerufen, ihre Sparvorschläge abzugeben.
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