Wer aus einer Kirche austritt, die zur Erhebung von Kirchensteuer berechtigt ist, kann nur ganz oder gar nicht austreten. Ein sogenannter "Kirchensteueraustritt", bei dem der Austretende nur den staatlichen Rechtskreis der Kirche verlassen und damit seiner Pflicht zur Zahlung der Kirchensteuer entkommen will, ist nicht rechtens. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim entschieden (Az.: 1 S 1953/09).
Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte den "Kirchensteueraustritt" eines pensionierten Professors für Kirchenrecht noch als zulässig angesehen. Der VGH sah dies allerdings anders.
Hinweis auf Rechtsform bei Kirchenaustritt unzulässig
Der Hochschullehrer hatte im Jahr 2007 gegenüber dem Standesamt seines Wohnorts seinen Kirchenaustritt erklärt. Er hatte dabei die Religionsgemeinschaft mit den Worten "römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechts" bezeichnet. In dieser Formulierung liegt nach Auffassung des VGH ein Zusatz, der gegen § 26 Abs. 1 des Kirchensteuergesetzes Baden-Württemberg verstößt. Das Gesetz verlangt für den Kirchenaustritt eine eindeutige Erklärung und verbietet deswegen Bedingungen und Zusätze. Für die Auslegung dieser Bestimmung ist nach Ansicht des VGH von entscheidender Bedeutung, dass mit diesem Verbot gerade der sogenannte "modifizierten Kirchenaustritt" unterbunden werden sollte.
Die Erklärung müsse folglich erkennen lassen, dass sich der Betroffene ernsthaft und vollständig von der Religionsgemeinschaft lossagen wolle. Wer, wie der Kirchenrechtler, von sich aus den Kirchenaustritt auf die "Körperschaft des öffentlichen Rechts" beschränke, aber gleichwohl in einer auch für den Staat erkennbaren Weise aktives Mitglied seiner Kirche bleiben wolle, erfülle die Anforderungen des Gesetzes nicht.
Kirchensteueraustritt wäre verfassungswidrig
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hält der VGH daran fest, dass ein Kirchenaustritt unwirksam ist, der isoliert nur diejenigen Rechtsfolgen beseitigen will, die eine Kirchenmitgliedschaft im Bereich des staatlichen Rechts hat. Würde der Staat dem einzelnen Gläubigen die Möglichkeit eines bloßen "Kirchensteueraustritts" eröffnen, verstieße er damit gegen das verfassungsrechtlich verankerte Recht der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, Kirchensteuern erheben zu dürfen.
Der VGH betonte, dass es den Kirchen allerdings frei stehe, eine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuerpflicht anzuerkennen. Dies sei eine innerkirchliche Angelegenheit, die von den staatlichen Gerichten nicht zu entscheiden sei.
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