Es ist eines der größten Wirtschaftsprozesse in der Schifffahrtsbranche: Zum Prozessauftakt am Landgericht Bremen warf die Staatsanwaltschaft dem Ex-Reeder Niels Stolberg vor, die Kosten für Schiffsneubauten um Millionen überhöht dargestellt zu haben, um so von Banken eine höhere Kreditfinanzierung zu bekommen.
Die rund 800 Seiten umfassenden Anklageschriften wiegen schwer: Kreditbetrug in 16 Fällen, Bilanzfälschung und Untreue. Neben Stolberg (55) sind drei weitere Manager der ehemaligen Reederei Beluga angeklagt. Der Ex-Reeder soll die von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Vorwürfe in einem gemeinsamen Tatplan mit einem Mitangeklagten begangen haben.
Betroffen seien die Bremer Landesbank, die Norddeutsche Landesbank, die einstige Dresdner Bank, die Commerzbank und die HSH Nordbank. Mit ihnen soll Stollberg als Geschäftsführer und Mitgesellschafter zahlreicher Schiffsbetreibergesellschaften ab dem Jahr 2006 über die Gewährung von Darlehen zur Finanzierung von insgesamt 20 Schiffsneubauten verhandelt und dabei unzutreffende Angaben über die Höhe der Investitionskosten gemacht haben.
Bei den Verhandlungen mit den Banken soll ein Werftunternehmer aus dem europäischen Ausland den Banken Scheinverträge über ergänzende Werftleistungen vorgelegt und auf diese Weise die Investitionskosten überhöht dargestellt haben.
Das Ziel sei laut Staatsanwaltschaft gewesen, die Banken, die nur zu rund 70 Prozent der Anschaffungskosten einer Teilfinanzierung zustimmten, dazu zu bewegen, die Darlehen zu erhöhen.
Die Bremer Landesbank soll dadurch teilweise sogar mehr als 100 Prozent des Gesamtvolumens der Schiffsneubauten finanziert haben. Insgesamt sollen Scheininvestitionskosten in Höhe von rund 93 Millionen Euro vorgespielt worden sein.
Die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Bremen hat vorerst bis Oktober 56 Verhandlungstage angesetzt. Nachdem bereits jahrelang ermittelt worden ist, soll der Mammut-Prozess noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
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