Wohnriester? Schon bei dem Wort blinken alle Warnleuchten auf. Viele Verbraucher denken dabei an Wortphrasen wie "kompliziert", "hohe Steuersätze" und "lohnt sich doch sowieso nicht". Ist dem auch so?
Die Redaktion von Banktip hat sich dem Thema angenommen. Banktip und Finanzexperte Torsten Sabitzer fassten die wichtigsten Punkte zu Wohnriester zusammen. Er entwickelte eine Software für unabhängige Berater zur Vorteilsberechnung der Wohnriesterförderung und ist Betreiber der Seite www.wohnriestersoftware.de.
Riestervertrag – kurz und knapp
Um Wohnriester zu verstehen, muss kurz und knapp die Riester-Rente erklärt werden. "Die Riester-Rente wurde eingeführt, da die gesetzliche Altersrente immer weniger wird", erläutert Torsten Sabitzer. Daher ist eine private Vorsorge wichtiger geworden. Mit den Riester-Zulagen wird eine private Altersvorsorge staatlich gefördert.
Ein Riester-Sparer erhält jährlich 154 Euro durch den Staat. Hat der Sparer Kinder, erhält er für diese weitere Zulagen. Für jedes Kind, das vor 2008 geboren wurde, bekommt der Kunde 185 Euro jährlich. Kinder, die nach 2008 zur Welt kamen, werden mit 300 Euro jährlich subventioniert. "Die Jahresgrenzen wurden gesetzlich festgelegt", erklärt Sabitzer.
Um die Zulagen zu erhalten, muss ein Riestersparvertrag abgeschlossen werden. Auf diesen zahlt der Kunde monatlich seine Sparraten ein. Die Sparraten betragen vier Prozent vom rentenversicherungspflichtigen Bruttoeinkommen.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit Kind (2009 geboren) verdiente im Vorjahr 40.000 Euro brutto. Um die vollen Zulagen zu erhalten, muss er mindestens 1.600 Euro (vier Prozent des Bruttolohns) abzüglich 154 Euro Grundzulage und 300 Euro Kinderzulage auf den Vertrag einzahlen. Der Sparer muss also netto jährlich 1146 Euro in den Riestervertrag fließen lassen.
Allerdings sollten es nicht mehr als 2.100 Euro im Jahr inklusive Zulagen sein. Während der Sparphase können nämlich die jährlichen Sparbeträge bis zu 2.100 Euro von der Steuer abgesetzt werden. Die Höhe der Steuererstattung entscheidet die sogenannte Günstigerprüfung. Die staatliche Zulage gibt es immer.
Die staatlichen Zulagen fließen direkt auf den Sparvertrag. Zum Rentenbeginn bildet das angesparte Geld eine sichere Einlage. Jedoch ist die Rendite gering, sagt Sabitzer.
Die Riesterrente ist steuerpflichtig. "Wie hoch der Steuersatz allerdings in 30 Jahren ist, kann man nicht sagen", sagt Torsten Sabitzer. "Vielleicht gibt es bis dahin ein ganz anderes Steuersystem." Vorsicht ist bei Hartz IV im Alter geboten. "Muss ein Rentner seine gesetzliche Rente mit Hartz IV aufstocken, wird die angesparte Riesterrente darauf angerechnet", erklärt Sabitzer.
Entstehung von Wohnriester
Im Jahr 2008 änderte Deutschland das Riestergesetz. Es entstand zusätzlich das sogenannte Eigenheimrentengesetz. Der Gedanke dahinter war, selbstgenutzte Immobilien und Wohneigentum zu fördern. Diese Förderung gilt allerdings nur für Objekte, die der Eigentümer im Alter für sich selbst nutzt. Gefördert werden Immobilien, die als Neubau gelten und nach 2008 erworben wurden. Auch Immobilien, die früher gebaut wurden, aber erst nach 2008 durch den Kunden gekauft werden, können durch Wohnriester gefördert werden. Haus- oder Wohnungsbesitzer, die ihre Immobilie vor 2008 erworben haben, bekommen keine staatliche Förderung.
Wohnriester –unterschiedliche Produkte
Wie auch bei der Riesterrente hat der Kunde bei Wohnriester mehrere Produkte zur Auswahl. Es wird grundsätzlich zwischen Wohnriesterannuitätendarlehen und Wohnriesterbausparverträge unterschieden. Letztere sind Kombiprodukte aus Spar- und Kreditformen.
Bei dem gewöhnlichen Annuitätendarlehen fließen die staatlichen Zulagen direkt einmal jährlich als Sondertilgung auf das Kreditkonto ein. Anders als beim Riestervertrag werden beim Wohnriester die Zulagen für die Tilgung eines Darlehens genutzt. Dieser Kredit dient für den Erwerb von Wohneigentum für das Alter. Durch diese Sondertilgungen spart der Verbraucher Darlehenszinsen und die Kreditlaufzeit soll sich verkürzen.
Bausparverträge haben zwei Phasen. Zunächst erfolgt die Ansparphase, in welcher der Kunde auf einem Konto Geld anspart. Sobald der Vertrag in die Zuteilung kommt, hat der Kunde Anrecht auf ein zinsgünstiges Darlehen. Schließt der Verbraucher einen solchen Vertrag ab, fließen die staatlichen Zulagen zunächst auf das Sparkonto bei der Bausparkasse. Sobald der Kunde dann das Bauspardarlehen nutzt, werden die staatlichen Zulagen als Sondertilgung auf das Darlehenskonto eingezahlt.
Die Höhe der Tilgungsraten entspricht den Sparraten bei gewöhnlichen Riesterverträgen. Der Kreditnehmer muss vier Prozent seines Bruttoeinkommens des Vorjahres abzüglich der Zulagen jährlich als Tilgung auf das Darlehen einzahlen. Die eingezahlten Tilgungsraten können wie bei Riestersparverträgen bis zu 2.100 Euro von der Steuer abgesetzt werden. Auch hier gilt die Günstigerprüfung.
Die Zulagen entsprechen den gleichen wie beim normalen Rieservertrag: Der Sparer erhält 154 Euro als Grundzulage. Hat der Sparer Kinder, erhält der Sparer für diese auch Zulagen. Für jedes Kind, das vor 2008 geboren wurde, bekommt der Kunde 185 Euro jährlich. Kinder, die ab 2008 zur Welt kamen, werden mit 300 Euro jährlich subventioniert.
Wohnfördergeldkonto
Mit Beginn von Wohnriester entsteht ein virtuelles Konto: das Wohnfördergeldkonto. Es stellt kein Konto im eigentlichen Sinne dar. Auf dem Wohnfördergeldkonto werden alle Tilgungsraten und Zulagen addiert. Der Betrag wird dann mit zwei Prozent verzinst. Dieses Guthaben wird mit dem individuellen Steuersatz versteuert.
Der Kunde hat ab Rentenbeginn bis zu seinem 85. Lebensjahr Zeit, diese Steuerschuld zu begleichen. Zahlt der Verbraucher die Steuern in einer Summe, werden nur 70 Prozent des virtuellen Guthabens berechnet. Zahlt er die Schuld in monatlichen Raten ab, wird die gesamte Summe versteuert.
Wer bekommt Wohnriester?
Förderungsberechtigt sind Arbeitnehmer, die bei der Deutschen Rentenversicherung rentenversichert sind; Beamte, versicherungspflichtige Selbstständige und Empfänger von Arbeitslosen- und Krankengeld. Mini-Jobber können die Förderung auch erhalten. Dazu müssen sie jedoch freiwillig ihre Rentenversicherungsbeiträge bezahlen.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
1. Die jährlichen Tilgungsraten können jährlich steuerlich abgesetzt werden.
2. Durch die staatliche Zulage verkürzt sich die Darlehenszeit und die Zinsen werden geringer.
3. Nutzt der Verbraucher die Immobilie im Alter, spart er sich die Miete während der Rente.
4. Muss der Arbeitnehmer berufsbedingt während der Tilgungszeit umziehen, bleibt die Förderung erhalten. Der Kunde muss dies der Rentenversicherung melden. Allerdings muss er sicherstellen, dass er die Immobilie im Alter für sich selbst nutzt.
5. Muss der Eigentümer die Immobilie verkaufen, kann er binnen von fünf Jahren eine neue Immobilie suchen und erwerben, in der er seinen Ruhestand verleben möchte oder schuldet die Summe auf einen normalen Riestersparvertrag um.
Nachteile:
1. Das zu versteuernde Einkommen erhöht sich im Alter durch die verteilte Besteuerung des Wohnförderkontos.
2. Sogenannte familiäre Störfälle, wie Tod, Scheidung oder der Umzug in ein Pflegeheim gelten nicht als Ausnahme. Tritt einer dieser Gründe ein, muss die Steuerschuld bei Veräußerung der Immobilie sofort beglichen werden.
3. Bei Todesfällen wird die Steuerschuld bei Wohnriester vererbt.
Lohnt sich Wohnriester?
Grundsätzlich lohnt sich die staatliche Förderung. Muss die Immobilie verkauft werden, wird zwar die Steuerschuld fällig, jedoch hat man zum Erwerb dieser jahrzehntelang staatliche Förderung erhalten. Der Wert des Hauses ist meist höher als die Steuerschuld, so dass am Ende der Verbraucher kein Minus zu verzeichnen hat.
Banktip rät sich bei einem unabhängigen Finanzberater zu informieren, ob sich die Wohnriesterzulage im Einzelfall lohnt. In diesem Gespräch können alle Eventualitäten besprochen werden und der Kunde sieht anhand seiner persönlichen finanziellen Situation, ob sich Wohnriester lohnt.
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