Plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheit, fehlgeschlagene Investitionen oder einfach die Misswirtschaft mit dem eigenen Geld - Gründe für eine Überschuldung gibt es viele. Damit Betroffene langfristig die Chance auf ein schuldenfreies Leben haben, gibt es die Privatinsolvenz. Banktip erklärt, was zu beachten ist.
Voraussetzungen für die Privatinsolvenz
Die Privatinsolvenz (eigentlich Verbraucherinsolvenz) ist der letzte Ausweg für Menschen, die es aus eigener Kraft nicht mehr aus der Überschuldung schaffen würden. Für eine Privatinsolvenz müssen daher die Schulden auch so hoch sein, dass langfristig mit einer Tilgung nicht zu rechnen ist. Sie gilt nur für natürliche Personen, die maximal 19 Gläubiger haben. Schulden aus Straftaten sind übrigens nicht von der Privatinsolvenz gedeckt
Die Privatinsolvenz ist nicht möglich
- für Selbstständige oder
- falls beim Schuldner noch Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Dazu gehören zum Beispiel Arbeitsamt, Arbeitnehmer oder Finanzamt. In diesem Fall gilt das Regelinsolvenzverfahren, welches auch bei insolventen Unternehmen greift.
Die außergerichtliche Einigung
Vor einem Verfahren muss der Schuldner versuchen, sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Der erste Schritt besteht darin, einen Schuldenbereinigungsplan zu erstellen. Dieser enthält Vorschläge zu einer möglichen Rückzahlung der Schulden. Sollten alle Gläubiger diesem zustimmen, kann eine Privatinsolvenz vermieden werden.
Eine außergerichtliche Einigung ist für beide Seiten von Vorteil: Dem Schuldner bleibt das Insolvenzverfahren erspart und die Gläubiger sehen wenigstens einen Teil ihres Geldes wieder.
Wichtig: Für die Verhandlungen sollte man einen neutralen Vermittler einschalten, zum Beispiel einen Schuldnerberater oder Anwalt. Dieser kann gegebenenfalls eine Bescheinigung über den gescheiterten Versuch einer außergerichtlichen Einigung ausstellen. Erst mit dieser lässt sich beim Insolvenzgericht ein Eröffnungsantrag für die Privatinsolvenz stellen.
Das Verfahren
Ist der Antrag beim Insolvenzgericht eingegangen, beginnt das Insolvenzverfahren. Dem Schuldner wird ein Treuhänder zugeteilt, der die Finanzen verwaltet. Im Verfahren legt er das gesamte pfändbare Vermögen und sämtliche Einkünfte offen. Aus diesem Bestand wird zunächst das Gericht bezahlt und dann anteilsmäßig die Gläubiger. Das Verfahren kann sich über mehrere Monate hinziehen. Danach beginnt die nächste Phase.
Die Wohlverhaltensphase
Die Wohlverhaltensphase beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und endet nach sechs Jahren. Wie der Name schon sagt, muss sich der Schuldner in dieser Zeit "wohl" verhalten. Er muss erwerbstätig sein oder sich um eine Stelle bemühen. Außerdem gehört dazu, dass sämtliche Änderungen der finanziellen Situation dem Treuhänder mitgeteilt werden. Dieser verwaltet das Einkommen und führt weiterhin Teile an die Gläubiger ab.
Die Kosten
Was die wenigsten wissen - die Kosten für das Verfahren zur Privatinsolvenz müssen die Schuldner selber zahlen. Falls er dazu nicht in der Lage ist, können die Gerichtskosten allerdings auf Antrag gestundet, das heißt nach dem Verfahren schrittweise abbezahlt werden. Auch beim Honorar für den Anwalt gibt es staatliche Unterstützung. Mit dem sogenannten Beratungshilfeschein. Diesen kann das örtliche Amtsgericht ausstellen, wenn der Schuldner als bedürftig gilt. Gedeckt sind dann die Kosten für die Beratung, Vertretung, Schriftverkehr und die außergerichtliche Regelung von Streitfällen.
Die Restschuldbefreiung
Nach dem Ablauf der Wohlverhaltensphase folgt die Restschuldbefreiung. Dann stellt das Gericht per Beschluss fest, dass sämtliche Restschulden erloschen sind. Neu angehäufte Schulden gehören allerdings nicht dazu. Die Restschuldbefreiung ist der letzte Schritt im Insolvenzverfahren.
Privatinsolvenz im Ausland
In einigen europäischen Ländern ist die Wohlverhaltensphase wesentlich kürzer. In Großbritannien zum Beispiel ist der Schuldner schon nach zwölf Monaten schuldenfrei. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes ist es Deutschen möglich, ihr Insolvenzverfahren im europäischen Ausland zu führen. Die Regelungen zum Insolvenzverfahren können von den deutschen abweichen, jedoch müssen deutsche Gerichte die im Ausland erteilte Restschuldbefreiung akzeptieren.
Voraussetzung ist:
- Der Lebensmittelpunkt muss sich in dem entsprechenden Land befinden. Eine einfache Briefkastenadresse reicht nicht aus.
- DerWohnsitz muss nachweisbar schon ein halbes Jahr vor dem Insolvenzantrag gewechselt worden sein.
- Zusätzlich muss der Schuldner die in dem Land gesprochene Sprache sehr gut beherrschen oder auf einen Vermittler zurück greifen.
Nachteile der Privatinsolvenz: Schlechte Bonität
Zu den Nachteilen der Privatinsolvenz gehört auf jeden Fall die Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Der Wechsel von Wohnung, Strom-, Gas-, oder Telefonanbietern könnte sich dementsprechend erschweren, denn Schuldnern wird oft eine Zahlungsunwilligkeit unterstellt. Auch die Aufnahme von Krediten ist nicht mehr möglich. Ein offensichtlicher Nachteil ist außerdem die Offenlegung sämtlicher Finanzen und die Verpfändung des Vermögens. Durch den privaten Konkurs entstehen außerdem weitere Kosten für das Verfahren.
Vorteile der Privatinsolvenz: Start in ein neues Leben
Der größte Vorteil der Privatinsolvenz ist sicher der, dass man nochmal bei Null anfangen kann. Unabhängig von der Höhe der anfänglichen Schulden ist man nach sechs Jahren schuldenfrei. Außerdem fallen Besuche vom Gerichtsvollzieher weg, sowie überraschende Pfändungen von Konto oder Lohn. Man muss sich persönlich nicht mehr mit den Gläubigern auseinander setzen und das Existenzminimum ist gesichert.
Der Ablauf jeder Privatinsolvenz hängt von den persönlichen Umständen ab. Als Schuldner sollt man sich am besten vorher individuell beraten lassen. Dies geht entweder bei einer Schuldnerberatungsstelle oder bei einem spezialisierten Anwalt.
Lesen Sie hierzu: Schufa-Auskunft kostenlos online