Quo vadis, Vorfälligkeitsentschädigung? 

Vorfälligkeitsentschädigung

Wer ein Haus baut, muss es meist mit einem Immobilienkredit finanzieren. Nicht immer können Verbraucher diesen Kredit bis zum Ende bedienen. Der Verkauf des Hauses während der Kreditlaufzeit ist bei Arbeitslosigkeit, Scheidung, Tod des Partners oder anderen unverschuldeten Krisen oft un­vermeidlich. Dabei fällt jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung an. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte die Berechnungsweise der Entschädigung und fordert Nachbesserungen. Diese könnten bei der Umsetzung der EU-Richtlinien für Wohnimmobilienkredite in das deutsche Recht aufgenommen werden. Doch welche Chancen haben Verbraucher bereits jetzt, gegen überhöhte Forderungen vorzugehen?

Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung? Mit dieser Entschädigung sollen die Kreditgeber entschädigt werden, wenn der Kreditnehmer vorzeitig das Darlehen rückzahlt. Dabei entsteht zum Beispiel ein Zinsschaden, wenn das Kreditinstitut das Geld nach der Rückzahlung zu einem niedrigeren Zinssatz anlegen muss.

Laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband ist die Berechnung der Entschädigung das Problem. Sie sei auf die Interessen der Kreditgeber gerichtet. Die lückenhaften Vorgaben hätten vor allem eines zur Folge: umstrittene oder sogar überhöhte Forderungen.

Überhöhte Forderungen der Kreditgeber

Die Verbraucherzentrale Bremen wertete 3.445 Fälle von Vorfälligkeits­entschädigungen von 2007 bis 2013 aus. Dabei stellte sich heraus, dass es einen starken Anstieg von Forderungen gab. So betrug im Zeitraum 2007 bis 2008 bei 18,90 Prozent der Fälle die Vorfälligkeits­entschädigung über 10.000 Euro. Im Zeitraum 2012 bis 2013 waren es bereits 48,60 Prozent. Der Verbraucherzentrale Bundesverband verwies hier auch auf Extremfälle. So nannte der Verband eine Forderung in Höhe von 79.260 Euro. Das waren bei einem Restkapital von 314.490 Euro 25,2 Prozent.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband bezeichnete dabei viele Forderungen als überhöht. Die Verbraucherzentrale Bremen berechnete die Entschädigungs­forderungen bei den Fällen und kam dabei auf Differenzen zwischen den von den Kreditgebern geforderten Vorfälligkeits­ent­schädigungen und den eigenen Ergebnissen. Diese betrugen zwischen 15.000 und 27.000 Euro.

Dabei stellte die Verbraucherzentrale verschiedene Ursachen für die überhöhten Forderungen fest. So hätten die Kreditgeber fast durchgängig die ersparten Risiko- und Verwaltungskosten unzureichend angerechnet. Auch hätten sie Sondertilgungsrechte nicht beachtet. Als weiteren Grund nannte Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen die fehlende taggenaue Berechnung des Schadens.

Dabei gebe es keinen Kreditgeber, der sich bei der Vorfälligkeits­entschädigung besonders hervortue, sei es mit positiven oder negativen Verhalten. Laut Gottschalk gebe es hier Missstände quer durch das gesamte Branchenspektrum.

Was können Verbraucher tun?


Doch was können Verbraucher tun, wenn Kreditgeber die Vorfälligkeits­entschädigungen zu hoch ansetzen? Gottschalk zufolge hängt dies von der Berechnung der Entschädigung ab. Wenn die Kreditinstitute die Sondertilgung nicht beachten, dann hätten Verbraucher gute Chancen gegen die Forderungen vorzugehen.

Anders sehe es aus, wenn ersparte Risikokosten nicht angerechnet werden. Hier fehle noch eine Klärung durch die Rechtsprechung. Für die Verbraucher sei das Risiko bei einem Rechtsstreit zu verlieren groß.

Verbraucher sollten die Entschädiigung also jkontrollieren. Dafür können sie auch die detailierte Abrechnung des Kreditgebers einfordern. Wenn in der Rechnung auch Kosten für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auftauchen, können sich die Verbraucher auch dagegen wenden.

Forderungen der Verbraucherzentralen


Der Bundesverband stellt deshalb einige Forderungen zur Änderung der Berechnung. Dabei geht es zum Beispiel um eine Standardisierung der Berechnungsweise. Der Verband fordert dabei eine einheitliche Berechnungsmethode. Außerdem soll der Zinsschaden über der in der Bundesbankstatistik erfassten Rendite aus Hypothekenpfandbriefen ermittelt werden.

Der entgangene Gewinn soll über einen pauschalisierten Ausgleich ersetzt werden. Die Nettomarge soll dabei maximal 0,5 Prozent p.a. betragen. Außerdem sollten Optionsrechte der Kreditnehmer, wie zum Beispiel Sondertilgungsmöglichkeiten, als schadensmindernd berücksichtigt werden.

Weitere Forderungen betreffen den Schutz der Verbraucher vor existenz­gefährdenden Vorfälligkeits­entschädigungen. So sollen die Vorfälligkeits­entschädigungen zum Beispiel auf höchstens fünf Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Darlehens begrenzt werden. Eine solche Deckelung würde auch verhindern, dass nur die Kreditnehmer durch die Vorfälligkeits­entschädigungen belastet werden.

Denn Vorfälligkeitsentschädigungen sollen nach Forderung des Bundesverbandes zu einem beidseitigen Vorfälligkeitsausgleich werden. Das heißt, nicht nur das gesunkene Zinsniveau soll auf die Kreditnehmer umgeschlagen werden. Auch die Vorteile von steigenden Zinsen sollen beim Verbraucher ankommen.

Weiter verlangt der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass die Zinsen bei den Finanzierungs­kombinationen transparenter gestaltet werden. Dabei geht es um die Kombinationen von Krediten und Sparverträgen. Die Verbindung erschwere es Verbrauchern, verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen.

Denn laut dem Bundesverband kommt es bei der Verbindung zu sehr niedrigen Zinsangaben, welche nicht die tatsächlichen Zinssätze der Finanzierung widerspiegeln. Als Beispiel nennt der Verband hier die Verbindung zwischen Sofort- und Vorausdarlehen ohne laufende Tilgung und Bausparverträgen. Der Effektivzins der beiden Darlehen sieht getrennt niedrig aus. Allerdings liegen sie laut dem Bundesverband unter dem tatsächlichen Effektivzins der gesamten Finanzierung.

Ein Vergleich mit Angeboten ohne diese Kombination ist nicht möglich. Der Bundesverband verlangt deshalb, dass der Zinssatz bei Finanzierungs­kombinationen für die gesamte Finanzierung angegeben wird. Die Verbraucher­zentralen halten diese Finanzierung außerdem für wenig verbraucherfreundlich. Außerdem sei sie laut Arno Gottschalk beratungsverzerrend.

Die letzte Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverband ist eine bekannte: die provisionsfreie Beratung. Der Bundesverband geht davon aus, dass eine Fehlberatung bei der Immobilienfinanzierung die Verbraucher nicht nur schädigt. Sie gefährdet auch ihre Solvenz. Deshalb sollte der Begriff "unabhängige Beratung" geschützt werden. Unabhängige Berater dürfen keine Vergütungen von den Kreditgebern erhalten und müssen eine große Zahl von Finanzierungen anbieten können.

Die Zukunft der Vorfälligkeitsentschädigung


Diese Forderungen des Verbraucherzentrale Bundesverband haben einen aktuellen Anlass: Die EU-Wohnimmobilien­darlehenrichtlinie. Dabei geht es um europäische Standards bei Immobilienkrediten. Diese Standards müssen im kommenden Jahr in nationale Gesetzte umgesetzt werden. Die Verbraucherzentrale sieht hier eine Chance, die Finanzierung verbraucherfreundlicher zu gestalten.

Dabei kritisiert der Bundesverband die Vorfälligkeitsentschädigung nicht komplett. Gottschalk erklärt dazu: "Vom Grundsatz her haben wir nichts dagegen, dass der Schaden ausgeglichen wird. Aber nur der Schaden." Dorothea Mohn vom Bundesverband erinnert an die Forderung, die Vorfälligkeitsentschädigung auf maximal fünf Prozent zu begrenzen. Mohn ist auch optimistisch, dass die Verbraucherzentralen bei der Umsetzung der Richtlinie bestimmte Dinge für den Verbraucher herausholen zu können. Weniger optimistisch ist sie jedoch beim Provisionsverbot bei der Beratung.

Die Deutsche Kreditwirtschaft kommentiert die Forderungen des Bundesverbandes folgendermaßen: "Die Vorfälligkeitsentschädigung bilde den Ausgleich dafür, dass das Kreditinstitut auf Grund der Kündigung seinen Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Zinsen verliere. Würden Regelungen erlassen, die den Ausgleich des Schadens auf Seiten der Kreditinstitute begrenzen, könnte es – wie etwa in Spanien – auch in Deutschland dazu kommen, dass langfristige Festzinsfinanzierungen gar nicht mehr am Markt angeboten würden."

Noch ist unklar, welche der Forderungen der Verbraucherzentralen von den Politikern angenommen werden und wie die Kreditgeber sie durchsetzen. Für die Verbraucher heißt es bereits heute: Es lohnt sich die Vorfälligkeits­entschädigung einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Aber bereits davor hat der Verbraucher eine Chance, Schlimmeres abzuwenden: Verbraucher sollten die verschiedenen Angebote zur Baufinanzierung genau vergleichen und sich dazu beraten lassen.

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