Banken müssen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ihre Beratung bei der Vermittlung von Finanzprodukten wie beispielsweise Aktienfonds umstellen. Der BGH zwingt die Bankberater, ihre Kunden künftig darüber aufzuklären, wie hoch ihre Provision für das Geschäft ist. Das berichtet die Financial Times Deutschland (FTD), der die Urteilsbegründung vorliegt.
Das Urteil zerstört die bisherige Praxis, da bislang kaum ein Vermittler diese Aufklärung geleistet hat. "Dass Banken auch die Höhe der Bestandsprovisionen dem Kunden mitteilen müssen, kommt für uns sehr überraschend", sagte Herbert Jütten, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Das Urteil betrifft nach Aussage von Rechtsanwalt Andreas Tilp alle Finanzprodukte, bei denen Provisionen fließen, also Fonds, Zertifikate, Lebensversicherungen. Tilp führt den Prozess und ist auf Anlegerklagen spezialisiert.
Im konkreten Fall hatte ein Investor im Sommer 2000 bei der HypoVereinsbank hauseigene Fondsanteile gekauft, ohne über die Rückvergütungen informiert worden zu sein. Der BGH hat den Fall mit den neuen Vorgaben an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen. Anwälte hoffen nun auf weitere Klagen zur Rückabwicklung von Geschäften.
Bei Fonds setzen sich die Provisionen, sogenannte Kickbacks, aus dem einmalig zu zahlenden Ausgabeaufschlag von bis zu fünf Prozent sowie Teilen der jährlichen Managementgebühr für den Bestand von zwischen 0,3 und 0,8 Prozent zusammen. Sie fließen von der Fondsgesellschaft zurück an die vermittelnde Bank. Wegen des zunehmenden Wettbewerbs hatten Fondsgesellschaften in den letzten Jahren den Vertrieb ihrer Produkte durch immer höhere Provisionen anzutreiben versucht.
In dem aktuellen Urteil erklärt der BGH, dass Anleger bei einem Aufklärungsverschulden des Vermögensverwalters nicht nur den Fondskauf, sondern auch alle anderen Wertpapiertransaktionen rückgängig machen können. "Das wird desaströs für die Branche", befürchtet Tilp.
Es gibt bereits andere Modelle. So sorgt laut FTD die Quirin Bank "für Unruhe im Markt", weil sie die Kickbacks an den Kunden zurückgibt. Dasselbe macht der Verbund Deutscher Honorarberater - Anleger bezahlen Experten hier direkt für deren Empfehlungen, was die Unabhängigkeit der Beratung verbessert: Der Berater ist nicht mehr von der Verkaufsprovision eines Produkts abhängig.