Neben neuen Regelungen im Scheidungsrecht hat der September auch wichtige Rechtsänderungen für Aktionäre gebracht. Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) ist zum 1. September 2009 in Kraft getreten. Das Regelwerk wurde zwar schon Anfang August im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, die wesentlichen Vorschriften sind jedoch erst zum 01.09.09 wirksam geworden.
Das Gesetz hat vor allem die Erschwerung missbräuchlicher Aktionärsklagen zum Ziel. Darüber hinaus wird die Teilnahme von Aktionären an der Hauptversammlung und die Stimmrechtsausübung erleichtert, die Information der Aktionäre durch die Aktiengesellschaft verbessert und die Fristenberechnung im Vorfeld der Hauptversammlung neu geregelt.
Maßnahmen gegen missbräuchliche Aktionärsklagen
"Räuberische Aktionäre", wie die Berufskläger auch genannt werden, blockieren mit ihren Klagen wichtige Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Meist steckt dahinter kein aktionärsschützendes Anliegen sondern nur die Absicht, das Verfahren solange hinzuziehen, bis die Aktiengesellschaft dem "räuberischen Aktionär" Geld dafür zahlt, dass er seine Klage fallen lässt.
Um solche Missbrauchsfälle zu vermeiden wurde bereits ein sogenanntes gerichtliches Freigabeverfahren eingeführt. Danach kann ein Hauptversammlungsbeschluss auch dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn noch eine Klage gegen den Beschluss anhängig ist. Das ARUG präzisiert und ergänzt dieses Freigabeverfahren nun noch einmal.
Um das Freigabeverfahren zu straffen, ist für das Verfahren nun ausschließlich das Oberlandesgericht zuständig. Eine zweite Instanz gibt es im Freigabeverfahren nicht mehr. Lange Prozesse – und somit eine unklare Rechtslage – sollen so vermieden werden.
Aktionäre mit einem geringen Aktienbesitz (unter 1.000,- Euro Nennbetrag) können weniger gravierende Rechtsverstöße nicht mehr gegen die Mehrheit der Hauptversammlung blockieren. Für solche Fälle sieht das ARUG lediglich einen Schadenersatzanspruch vor.
Die Zustellungen von Schriftsätzen an den Kläger persönlich war bislang ebenfalls ein Erfordernis, der die Freigabeverfahren in die Länge zog. Nun können Zustellungen auch an denjenigen erfolgen, der den Kläger bereits im Prozess um die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses vertritt.
Hauptverhandlung goes online
Eine weitere wichtige Neuerung ist der erweiterte Einsatz des Internet im Rahmen der Hauptversammlung. Bislang mussten Aktionäre vor Ort sein, um aktiv an einer Hauptverhandlung teilnehmen zu können. Das neue Recht ermöglicht nun die Online-Teilnahme. Insofern die Satzung einer Aktiengesellschaft eine entsprechende Möglichkeit vorsieht, können Aktionäre ihr Frage- oder Stimmrecht in Echtzeit über das Internet ausüben. Um die Aktiengesellschaften jedoch nicht einer neuen Welle von Klagen auszusetzen, berechtigen Störungen des Internet während der Hauptversammlung nicht zur Anfechtung von Beschlüssen.
Will oder kann der Aktionär auch nicht per Internet aktiv an der Hauptversammlung teilnehmen, so eröffnet ihm das ARUG die Ausübung seines Stimmrechts per Briefwahl. Allerdings muss die Satzung der Gesellschaft eine solche Möglichkeit ausdrücklich zulassen.
Elektronischer Informationsfluss
Das Internet wird künftig auch verstärkt zur Information der Aktionäre vor der Hauptversammlung genutzt. Börsennotierte Gesellschaften müssen die hauptversammlungsrelevanten Unterlagen (z. B. die Tagesordnung oder Anträge zur Beschlussfassung) nach der Einberufung auf ihrer Internetseite veröffentlichen.
Darüber hinaus können die AG's entscheiden, ob die notwendigen Informationen per Post oder auf elektronischem Wege an den Aktionär zugestellt werden. Die Gesellschaften müssen die Unterlagen auch nicht mehr in den Geschäftsräumen oder auf der Hauptverhandlung selbst auslegen. Anstelle der Auslage in den Geschäftsräumen kann der Aktionär nun auf die Internetseite der Gesellschaft verwiesen werden. Eine Auslage der Unterlagen auf der Hauptversammlung kann entfallen, wenn die Aktionäre elektronischen Zugang zu den Unterlagen erhalten, z.B. über Computer-Terminals.
Fristenberechnung folgt einheitlichem Schema
Bei den Fristen, die es im Vorfeld der Hauptversammlung zu beachten gilt, gab es bislang keinen einheitlichen Stichtag als Ausgangspunkt für die Berechnung der jeweiligen Frist. Das führte oft zu Zweifelsfragen und letztendlich zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Künftig werden alle Fristen nach dem gleichen Schema berechnet: sie rechnen u.a. künftig alle von der Hauptversammlung zurück.
Aktionäre können Stimmrecht flexibler ausüben
Aktionäre, die ihr Stimmrecht auf der Hauptversammlung von ihrer Bank ausüben lassen wollen (sog. Depotstimmrecht), können das nach dem neuen Recht noch flexibler tun. Das Depotstimmrecht kann der Bank auf folgende Weise eingeräumt werden:
- Die Bank kann dem Aktionär eigene Abstimmungsvorschläge unterbreiten und stimmt in diesem Sinne ab, wenn der Aktionär ihr keine anders lautende Einzelweisung erteilt hat.
- Der Aktionär kann seine Bank auch mit einer generellen Weisung beauftragen, grundsätzlich (und bis auf Widerruf) so abzustimmen, wie es Vorstand und Aufsichtsrat der betreffenden Gesellschaft vorgeschlagen haben.
Darüber hinaus muss es die Bank dem Aktionär aber weiterhin ermöglichen, eine Vollmacht und die Aktionärslegitimation an einen Dritten (z.B. Aktionärsvereinigung) weiterzuleiten, damit dieser das Stimmrecht ausübt.
Vereinfachte Gründung von Aktiengesellschaften
Schlussendlich können Aktiengesellschaften nach dem neuen Recht auch unbürokratischer gegründet werden. Im Rahmen einer Sachgründung können die Gesellschafter das Grundkapital der AG auch in Form von Wertpapieren und anderen Geldmarktinstrumenten erbringen. Jedoch musste dann der Wert der Papiere durch einen unabhängigen Prüfer begutachtet werden, um eine Überbewertung zu verhindern. Auf diese externe Werthaltigkeitsprüfung kann nun verzichtet werden, wenn die Wertpapiere auf einem geregelten Markt gehandelt und sie mit dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate bewertet werden.